Der Infoblog über Gundlitz

Damals: Wieso Weihnachten früher bis in den Februar gedauert hat

Wer die­ser Tage – in der zwei­ten Hälf­te des Janu­ars – abends einen Spa­zier­gang durch Gund­litz macht, der wird in den Fens­tern nur noch recht weni­ge Ster­ne und Schwib­bö­gen leuch­ten sehen. Auch die Christ­bäu­me kom­men meist kurz nach dem Drei­kö­nigs­tag aus den Stu­ben. Wer hin­ge­gen die­ser Tage eine Kir­che besucht, wird dort oft­mals noch einen Weih­nachts­baum vor­fin­den. Ein Über­bleib­sel aus der Zeit, als die Weih­nachts­zeit noch län­ger dau­er­te. Denn frü­her dau­er­te die Weih­nachts­zeit offi­zi­ell bis Mariä Licht­mess am 2. Februar.

Licht­mess – auf dem Land ken­nen vie­le den Begriff noch und erin­nern sich vage, dass der­einst das Dienst­jahr auf den Bau­ern­hö­fen an die­sem Tag ende­te. An Licht­mess hat sich ent­schie­den, ob die Bau­ern ihre Knech­te und Mäg­de für ein wei­te­res Jahr behal­ten oder sie weg­schi­cken. Oder ob die Knech­te und Mäg­de selbst zu einem neu­en Dienst­herrn wech­seln. Licht­mess war in Bay­ern bis zum Jah­re 1912 ein gesetz­li­cher Fei­er­tag. Die Knech­te und Mäg­de konn­ten sich mit ihrem Jah­res­lohn in der Tasche ein wenig erho­len und auf einem Licht­mess­markt ver­gnü­gen – die­se Märk­te gibt es bis heu­te in man­chen Gemein­den und Städ­ten am 2. Febru­ar, so etwa all­jähr­lich in Bay­reuth.
Natür­lich hat Licht­mess auch in unse­rer länd­lich gepräg­ten Hei­mat eine gro­ße Rol­le gespielt. Über den Stel­len­wert des Fes­tes im Bau­ern­jahr habe ich auch mit dem ober­frän­ki­schen Hei­mat­for­scher Adri­an Roß­ner gespro­chen. Er sag­te dazu: “Nach dem 6. Janu­ar hat man lang­sam wie­der mit der Arbeit ange­fan­gen, hat zum Bei­spiel die Sen­sen geden­gelt. Aber rich­tig arbei­ten konn­ten die Bau­ern noch nicht, weil es im Janu­ar noch zu kalt war. Ab Licht­mess geht es wie­der ‘naus­wärts’, das Leben ver­la­gert sich wie­der nach drau­ßen.” Des­we­gen hät­ten die Bau­ern erst an Licht­mess das eigent­li­che Arbeits­jahr begon­nen – und den Christ­baum aus dem Haus geschafft.

Den Christ­baum bis Licht­mess ste­hen zu las­sen, war aber nicht nur eine bäu­er­li­che Tra­di­ti­on. Auch die katho­li­sche Kir­che fei­er­te die Weih­nachts­zeit einst bis Licht­mess. Erst durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil in den 1960er-Jah­ren wur­de das Ende der Weih­nachts­zeit vor­ge­zo­gen auf den ers­ten Sonn­tag nach Drei­kö­nig („Tau­fe des Herrn“). Das Fest Mariä Licht­mess fin­det sei­ne Begrün­dung im Lukas­evan­ge­li­um. Dar­aus wird auch ersicht­lich, wie­so Licht­mess genau 40 Tage nach Weih­nach­ten gefei­ert wird.
Im bibli­schen Bericht zie­hen Maria und Josef mit dem Jesus­kind nach Jeru­sa­lem – genau 40 Tage nach des­sen Geburt. Denn nach den Geset­zen des Alten Tes­ta­ments soll­te eine Frau nach einer Geburt 40 Tage zuhau­se blei­ben und anschlie­ßend ein Opfer erbrin­gen. Nach die­sen 40 Tagen also zieht die Hei­li­ge Fami­lie nach Jeru­sa­lem, um das Jesus­kind in den Tem­pel zu brin­gen – das wich­tigs­te Hei­lig­tum der dama­li­gen Israe­li­ten.
Im Tem­pel erken­nen die bei­den hoch­be­tag­ten Pro­phe­ten Sime­on und Han­na das Kind als den Mes­si­as. Der Pro­phet Sime­on sagt, als er das Jesus­kind erblickt: „… mei­ne Augen haben das Heil gese­hen, das du vor allen Völ­kern berei­tet hast, ein Licht, das die Hei­den erleuch­tet, und Herr­lich­keit für dein Volk Isra­el.“ (Lk 2,30–32) Die­ses „Licht“ gab nicht nur dem Fest sei­nen Namen; davon aus­ge­hend ist auch ver­ständ­lich, wie­so Licht­mess tra­di­tio­nell mit dem Wei­hen von Ker­zen und mit Lich­ter­pro­zes­sio­nen ver­bun­den ist.
Licht­mess bil­det damit auch eine Ver­bin­dung zwi­schen Altem und Neu­em Tes­ta­ment, zwi­schen den Pro­phe­ten, die auf den Mes­si­as war­ten, und dem tat­säch­li­chen Mes­si­as. Das Bild von Jesus im Jeru­sa­le­mer Tem­pel deu­tet zudem in die Zukunft: Der Tem­pel wur­de bekannt­lich im Jah­re 70 nach Chris­tus von den Römern zer­stört und nie wie­der errich­tet; damit ver­lor das Juden­tum sein jahr­hun­der­te­lan­ges Zen­trum. In dem Bild vom Jesus­kind im Tem­pel wird aber schon der „neue Tem­pel“ ange­deu­tet, der fort­an das Zen­trum sein soll. Jesus selbst deu­tet im Johan­nes­evan­ge­li­um dar­auf hin, dass er selbst der neue Tem­pel sein wird (Joh 2,18–22).

Mit Licht­mess ist ent­spre­chend auch die For­de­rung ver­bun­den, die­se Bot­schaft des Lichts wei­ter­zu­tra­gen und damit selbst zum Licht zu wer­den. Was das bedeu­ten kann, zeigt das Bei­spiel des deut­schen Jesui­ten-Paters Alfred Delp, für den der Licht­mess-Tag eine ganz beson­de­re Bedeu­tung haben soll­te. Er ist heu­te noch vie­len bekannt als bedeu­ten­der Wider­stands­kämp­fer gegen Hit­ler. Alfred Delp half ver­folg­ten Juden, schrieb Arti­kel gegen die NS-Ideo­lo­gie, enga­gier­te sich in Wider­stands­krei­sen. Im Jah­re 1944 wur­de er ver­haf­tet.
Als Geist­li­cher hat er sich natür­lich immer wie­der inten­siv mit den christ­li­chen Fest­ta­gen aus­ein­an­der­ge­setzt. Wäh­rend sei­ner Haft schreibt er in Hin­blick auf Mariä Licht­mess: „Wenn durch einen Men­schen ein wenig mehr Licht und Wahr­heit in der Welt war, hat sein Leben einen Sinn gehabt.“ An ande­rer Stel­le sag­te er, die „Licht­bot­schaft“ for­de­re, „Gutes zu tun auf Kos­ten der eige­nen Sub­stanz“ – wie die sich ver­zeh­ren­de Ker­ze. Hin­ge­rich­tet wird Delp an Licht­mess 1945. Kurz vor sei­ner Hin­rich­tung notiert er: „Der Gal­gen ist für mich die Tür zum Licht des leben­di­gen Gottes.“