Zwei Orte der Bergwallfahrt
In der Nähe von Gundlitz gibt es zwei Kirchenruinen, die nahe beieinander liegen. Welchen Bezug die Gundlitzer einst dazu hatten, lässt sich nicht sagen. Aber sie erzählen uns von einer Zeit des Umbruchs, die auch unseren Heimatort bis heute verändert hat. Die Rede ist von der Heilingskirche und der St.-Leonhards-Kirche – oder was von ihnen übrig ist.
Die beiden Kirchen standen oberhalb von Wirsberg. Beide gelten als frühere Wallfahrtskirchen. Davon zeugt ihre Lage: In beiden Fällen muss der Besucher durch den Wald über einen steilen, engen Pfad emporpilgern. Es sind Orte der Bergwallfahrt. Oder sie waren es, bis zur großen Zeit des Umbruchs, die 1517 begann.
Was die Ruine der Heilingskirche erzählt
Die von Gundlitz aus etwas nähergelegene Kirche ist die Heilingskirche. Wer von der Adlerhütte aus durch den Wald in Richtung Neufang geht, kann links über eine Brücke auf einen schmalen Pfad abbiegen. Von dort geht es steil hinauf bis zur heutigen Ruine. Nur noch die westliche Giebelfront ist erhalten.
Die Ruine erzählt von dem Umbruch, der vor rund 500 Jahren von Deutschland aus ganz Europa verändert hat: die Reformation. Die Kirche wurde laut den Forschungen des Frankenwaldvereins wahrscheinlich zwischen 1433 und 1469 erbaut. Die Heilingskirche sei vor der Reformation von vielen Wallfahrern besucht worden, heißt es auf der Tafel vor Ort.
Sie hatte allerdings nur ein kurzes Leben: „Die Kirche verfiel nach der Reformation 1528 und wurde 1564 auf Antrag des Marktes Wirsberg abgebrochen“, schreibt der Frankenwaldverein. Im Jahre 1528 hatte der Markgraf von Brandenburg-Kulmbach die Reformation in seinem Gebiet eingeführt.
Um die Ruine ranken sich mehrere Sagen. So sollen etwa Bauern, die mit den Steinen ihre Ställe gebaut haben, das Vieh und die Schweine gestorben sein. Und alle hundert Jahre, am Tag der Zerstörung, soll die Kirche kurz auferstehen. Wer sich an diesem Tag gegen Mitternacht der Ruine nähert, sieht die Heilingskirche wieder in ihrer vollen Pracht, heißt es.
Die St.-Leonhards-Kirche
Offensichtlich hat die Reformation sehr schnell das Verhältnis der Einheimischen zu geweihten Orten radikal verändert. Noch deutlicher wird das, wenn man von der Heilingskirche weiter in Richtung Wirsberg geht, wo man auf die frühere St.-Leonhards-Kirche trifft. Der eigentlich „richtige“ Weg dorthin wäre vom Tal in Wirsberg aus: Denn auch in diesem Fall macht es ein steiler, schwieriger Weg zur Bergwallfahrt.
Von der St.-Leonhards-Kirche sind nur noch wenige Spuren erhalten. Ohne die Erklärtafel und den Gedenkstein, die dort aufgestellt wurden, würde man an dem Ort einfach vorübergehen. Der Heimatforscher Dr. Eduard Margerie ließ dort ab 1933 Ausgrabungen durchführen, bei denen er die Grundmauern freilegte.
Den Entdeckungen zufolge ist St.-Leonhards-Kirche viel älter als die Heilingskirche. Die St.-Leonhards-Kirche soll schon zwischen 1109 und 1143 im romanischen Stil entstanden sein. Um 1433 soll man die Kirche im gotischen Stil erweitert haben.
Der heilige Leonhard ist unter anderem der Schutzpatron für das Vieh. Beim Pflügen und bei Grabungen sind immer wieder Zeichen der Leonhard-Verehrung entdeckt worden: unter anderem kleine, aus Hufeisen gefertigte Pferde-Figuren sind aufgetaucht, die jetzt im Landschaftsmuseum Obermain auf der Plassenburg ausgestellt sind.
Um das Jahr 1600 war der Abbruch der St.-Leonhards-Kirche schon im Gange, heißt es vom Frankenwaldverein. Die Steine wurden demzufolge zum Bau der Wirsberger Friedhofskapelle verwendet.
Die Wucht der Reformation
Die St.-Leonhards-Kirche gibt noch deutlicher als die Heilingskirche Zeugnis von der Wucht, mit der die Reformation eingeschlagen hat. In diesem Fall ist es ein jahrhundertealter Wallfahrtsort, der innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit beseitigt wurde.
Der Umbruch wird noch deutlicher, wenn man einige Kilometer weiter nach Himmelkron schaut, wo es seit dem späten Mittelalter ein bedeutendes Kloster gab. Die Bayreuther Markgrafen ließen es nach der Reformation zum Jagdschloss umbauen.